Anatomie
Das Schultergelenk hat von allen Gelenken des Menschen den größten Bewegungsumfang. Die Stabilisierung und Führung erfolgt durch das Zusammenwirken von verschiedenen Muskeln, die Gelenkkapsel und verschiedene Bänder wirken unterstützend. Die Schulter ist deshalb besonders anfällig für Störungen der Sehnen und der umgebenden Muskulatur. Dies bewirkt dann eine Einschränkung in der Beweglichkeit und Schmerzen bei bestimmten Bewegungen. Besonders typisch sind Schmerzen in der Nacht.
Schultergelenk von der Seite gesehen:
A = Rotatorenmanschettenmuskel (M. infraspinatus)
D = Schulterdachraum mit Rotatorenmanschette (M. supraspinatus)
E = Sehnenansatz der Rotatorenmanschette am Oberarmkopf
H = Rabenschnabelfortsatz
J = Bicepssehne
M = Brustmuskel
1 = Schulterblatt
2 = Knöchernes Schulterdach (Acromion)
3 = Rabenschnabelfortsatz
4 = Oberarmkopf
Arthrose
Schultergelenkarthrose (Omarthrose)
Die Arthrose im Schultergelenk ist im Vergleich zu anderen Gelenken eher selten. Weil das Schultergelenk nicht, wie beispielsweise das Hüftgelenk, das Körpergewicht tragen muss. Deswegen treten bei vielen Patienten auch bei fortgeschrittenen Verschleißschäden im Vergleich zur Hüftarthrose geringere Schmerzen auf. Allerdings entwickelt sich häufig eine Bewegungseinschränkung in der Schulter. Wenn bei einer Arthrose in der Schulter die Schmerzen im Vordergrund stehen, ist die Implantation einer Endoprothese angezeigt.
Schultereckgelenkarthrose (akromioclaviculare Arthrose, AC-Arthrose)
Die Arthrose im Schultergelenk ist im Vergleich zu anderen Gelenken eher selten. Weil das Schultergelenk nicht, wie beispielsweise das Hüftgelenk, das Körpergewicht tragen muss. Deswegen treten bei vielen Patienten auch bei fortgeschrittenen Verschleißschäden im Vergleich zur Hüftarthrose geringere Schmerzen auf. Allerdings entwickelt sich häufig eine Bewegungseinschränkung in der Schulter. Wenn bei einer Arthrose in der Schulter die Schmerzen im Vordergrund stehen, ist die Implantation einer Endoprothese angezeigt.
*Cortison: Ein Medikament, das Entzündungsreaktionen hemmt. Da bei Arthrosen häufig Entzündungen auftreten, kann mit Cortison die Entzündung blockiert und so eine Schmerzreduktion erzielt werden.
Arthrose und Rotatorenmanschettenläsion
Eine massive Rotatorenmanschettenläsion führt häufig zu einer besonderen Form der Arthrose bei welcher der Oberarmkopf durch das „Loch“ in der Rotatorenmanschette tritt und an das knöcherne Schulterdach anstößt und sich dort abstützt. In schweren Fällen entwickelt sich eine Bewegungseinschränkung und starke Schmerzen. Bei diesen Patienten empfiehlt sich die Implantation einer Endoprothese.
Impingementsyndrom (Engpasssyndrom)
Der Engpass unter dem Schulterdach wird als Impingement bezeichnet. Als Ursachen kommen muskuläre Ursachen in Frage. Häufig jedoch wird der Engpass mechanisch verursacht. An erster Stelle der Therapie des Impingements steht die Krankengymnastik! Ist dadurch keine Schmerzfreiheit erzielbar, kann mit einer arthroskopischen Operation das Impingement beseitigt werden. Eine Kombination aus Operation und Physiotherapie hat sich beim Impingement bewährt.
Ursachen des Impingements
Knöcherner Engpass
Ein knöcherner Engpass unter dem Schulterdach bei hakenförmig gebogenem Schulterdach ist die häufigste Form des Impingements.
Andere Ursachen sind
Fehlbelastung, Fehlhaltung oder eine laxe Schulterführung. Diese Formen des Impingements werden vor allem mit Krankengymnastik behandelt. Das Ziel ist dabei eine Kräftigung der Rotatorenmanschette um die Sehnen zu entlasten.
Folgen des Impingements
• Schmerzen:
Das Hauptsymptom aller Formen des Impingements sind Schmerzen. Häufig entwickelt sich eine Schleimbeutelentzündung, so dass eine Operation notwendig ist, obwohl sonst keine Schäden im Schulterbereich feststellbar sind.
• Rotatorenmanschettenläsion:
Durch die mechanische Belastung können die Sehnen der Rotatorenmanschette durchscheuern, so dass ein Riss oder ein Loch entsteht.
• Knöcherne Randanbauten:
Im Bereich des vorderen Schulterdachs können knöcherne Anbauten entstehen, welche den mechanischen Engpass noch verstärken.
• Arthrose:
Eine große Läsion in der Rotatorenmanschette kann zu einer besonderen Form der Arthrose führen. Dabei tritt der Oberarmkopf durch das Loch in der Rotatorenmanschette und stößt an das Schulterdach an. Hierdurch ist die Beweglichkeit der Schulter stark eingeschränkt und es bestehen Schmerzen im Schultergelenk.
• Schultersteife („Frozen Shoulder“):
Durch die Schmerzen und die Entzündungsreaktion im Schulterdachraum kann es zu einer schmerzhaften Einsteifung der Schulter kommen.
Diagnose
Der Schleimbeutel unter dem Schulterdach ist sehr schmerzempfindlich. Die druckbedingte Entzündung des Schleimbeutels unter dem Schulterdach ist somit häufig das erste Anzeichen eines Engpass-Syndroms. Bei einer körperlichen Untersuchung kann durch bestimmte Untersuchungstests eine Schleimbeutelentzündung beim Impingement erkannt werden. Zudem sind in einer Kernspin-Untersuchung typische Veränderungen im Schleimbeutel durch die Entzündung zu erkennen.
Behandlung des Impingements
Die erster Stelle der Behandlung steht die Krankengymnastik. Hierdurch wird versucht, durch eine Muskelkräftigung den zu hoch stehenden Oberarmkopf etwas herunter treten zu lassen. Falls dies nicht gelingt und es bestehen weiter Schmerzen, kann mit einer sogenannten subakromialen Dekompression* der Schulterdachraum wieder aufgeweitet werden. Bei dieser arthroskopischen Operation wird der mechanische Engpass unter dem Schulterdach durch Abfräsen der knöchernen Randanbauten des Schulterdachs beseitigt.
Die Operation am Schulterdach ist zu empfehlen bei:
• Haken unter dem Schulterdach
• Veränderungen des Schleimbeutels in der Kernspin-Untersuchung
• Rotatorenmanschettenläsion
• Fortbestehenden Schmerzen bei Krankengymnastik ohne Besserung oder Verschlechterung der Beweglichkeit.
*= Subakromiale Dekompression (SAD) subakromiale (unter dem Schulterdach) Dekompression (Druckentlastung)
Kalkschulter (Tendinitis calcarea)
Die Ursache der Kalkschulter ist unbekannt. Dabei kommt es zu einer schmerzhaften Kalkeinlagerung (Kalkinseln) in den Sehnen-Muskel-Übergang der Rotatorenmanschette. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Kalkschulter darf nicht mit verkalkten Sehnenentzündungen verwechselt werden. Die Ursache dafür ist Verschleiß im Bereich des Ansatzes der Sehne am Oberarmkopf.
Bei der Kalkschulter kann es zu einer spontanen Rückbildung der Kalkinseln kommen. Aber auch zu heftigen entzündlichen und schmerzhaften Attacken.
Langandauernde und schmerzhafte Verkalkungen sollten operiert werden. Eine krankengymnastische Begleitbehandlung ist notwendig.
Bei der Operation wird die Kalkinsel arthroskopisch eröffnet und abgesaugt. Häufig sind auf einem nach der Operation angefertigtem Röntgenbild noch Kalkreste sichtbar, diese werden aber vom Körper abgebaut. Allerdings können auch noch für einige Wochen nach der Operation Schmerzen bestehen bleiben.
Röntgenbild
Arthoskopisches Bild
K = Kalkinsel in der Rotatorenmanschette
Rotatorenmanschettenläsion
Die Rotatorenmanschette ist eine Sehnenhülle, welche den Oberarmkopf umfasst. Die einzelnen Sehnen sind mit kleinen, sehr wichtigen Muskeln verbunden, welche zum Schulterblatt ziehen. Diese Muskeln steuern die Stellung des Oberarmkopfs in der Schulterpfanne bei jeder Bewegung wie beispielsweise der Armhebung oder der Drehung (Rotation). Risse und Defekte (Läsionen) in der Rotatorenmanschette sind häufig und können verschiedene Ursachen haben. Beim Engpass unter dem Schulterdach, dem sogenannten Impingement, wird die Rotatorenmanschette durch die Enge durchgescheuert. Ein zunächst kleiner Riss kann mit der Zeit größer werden und dann zu einer Funktionseinschränkung und Schmerzen führen.
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
Für die Rekonstruktion der Rotatorenmanschette gibt es bewährte arthroskopische Verfahren und die offene Technik mit kleiner Schnittführung (mini-open-repair). Wobei die eigentliche Refixation der Sehnenplatte am Oberarmkopf bei der arthroskopischen und offenen Technik in gleicher Weise erfolgt. Der Unterschied liegt lediglich im Zugangsweg.
Bei der Rekonstruktion wird der Oberarmkopfknochen an der Sehnenansatzstelle angefrischt, so dass es zu einer leichten Blutung kommt, damit die Sehne dort einwachsen kann.
Die Sehne wird an den freien Enden wieder aneinander genäht (Rissverschluß) und am Knochen durch Nähte fixiert. Dabei werden kleine Schraubanker und sog. transossäre Nähte verwendet. Wesentlich ist dabei, dass eine möglichst breite Auflagefläche der Sehne auf dem Knochen erreicht wird, um die Einheilung zu erreichen. Bei älteren und großen Defekten kann durch die entstandene Verkürzung und verminderte Durchblutung die Einheilung problematisch sein. Sehr häufig liegt zusätzlich ein Engpasssyndrom mit einer Einengung des subacromialen Raumes vor, so dass bei der Operation eine Erweiterung des subacromialen Raumes erfolgten sollte.
Schulterinstabilität
Bei einer Schulterausrenkung (Luxation) wird die Gelenkkapsel stark gedehnt und meist kommt es zu einer Rissbildung zwischen Gelenklippe (Labrum) und Gelenkpfanne. Diese Verletzung wird als Bankart-Läsion bezeichnet. Kommt es zu einer knöchernen Absprengung am Pfannenrand liegt eine knöcherne Bankart-Läsion vor. Bei der Ausrenkung des Oberarmkopfes aus der Pfanne entsteht häufig ein Knocheneinbruch am Oberarmkopf, dieser wird „Hill-Sachs-Delle“ genannt.
1 = Gelenkpfanne (Glenoid)
2 = Gelenklippe (Labrum, Kreis = Abriss Gelenklippe von der Pfanne (Bankart-Läsion))
Bei jungen und sportlich aktiven Patienten treten erneute Ausrenkungen nach einer erlittenen Ausrenkung mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder auf. Dabei besteht die Gefahr einer weiteren Schädigung des Schultergelenks.
Die Operation der instabilen Schulter nach Schulterluxation erfolgt üblicherweise mit einem arthroskopischen Verfahren. Die Vorteile der arthroskopischen Technik sind:
- Kleine Hautschnitte.
- Es müssen keine Muskeln durchtrennt werden um zum
Gelenk zu gelangen, deshalb ist das Operationstrauma
geringer.
- Der Operateur kann bei der Arthroskopie das ganze Gelenk
einsehen und sich so einen sehr guten Überblick verschaffen.
Weitere Verletzungen können so besser erkannt werden.
Bei einem Pfannenrandbruch (knöcherne Bankart-Läsion) oder einem knöchernem Pfannenranddefekt erfolgt in Abhängigkeit von der Bruchstückgröße eine Schraubenrefixation.
Bei ausgeprägtem knöchernem Defekt der Gelenkpfanne oder bei einer Pfannenfehlstellung ist eine Knochenspan-Plastik vom Beckenkamm in offener OP-Technik zur Rekonstruktion der Gelenkfläche notwendig.
Die arthroskopische Operation der instabilen Schulter
Über drei kleine Hautschnitte werden das Arthroskop und die Instrumente in das Gelenk eingebracht.
Blick in das Schultergelenk:
Der Gelenklippenriss (L) an der Pfanne (P) wird inspiziert, geöffnet, angefrischt
Anschließend erfolgt das Einschrauben eines Fadenankers (A) in den Pfannenrand (P).
Naht der Gelenklippe (L) mit den Ankerfäden (A) an den Pfannenrand (P).
Endoprothetik der Schulter
Die Endoprothetik des Schultergelenks orientiert sich am Grad der Deformierung der Gelenkflächen und am Zustand der gelenkführenden Weichteile (Muskulatur, Sehnen, Gelenkkapsel). Für die verschiedenen Indikationen stehen unterschiedliche Prothesentypen (von der Oberflächenersatzprothese (CUP-Prothese ) über die anatomische Prothese mit Schaftkomponente bis zur inversen Prothese) zur Verfügung. Die Haltbarkeit der Schulterendoprothesen lassen sich mittlerweile mit denen der Hüft- und Knieendoprothesen vergleichen. 95% der Schulterendoprothesen funktionieren 10 Jahre und 80% 15 Jahre nach Implantation noch gut.
Für jedes Problem das geeignete Implantat.
Humerusoberflächenersatz (Cup Prothese)
Bei noch erhaltener Rotatorenmanschette und Knochenkonfiguration im Humeruskopf-Hals-Übergang ist die Implantation einer Oberflächenersatzprothese möglich. Der Vorteil dieses Prothesentyps ist in der minimalen Knochenresektion begründet.
Die Implantation ist technisch relativ einfach durchführbar, die Operationszeit in der Regel kurz (< 1 Stunde.
Cup Prothese am Oberarmknochen
Schulterhemiprothese und Schultertotalendoprothese
Bei knöchernen Veränderungen ist es notwendig, eine anatomische Kopfprothese mit Schaftkomponente zu implantieren. Voraussetzung ist allerdings eine intakte und funktionsfähige Rotatorenmanschette. Ist die Schulteranatomie durch die Arthrose oder z. B. einen Oberarmkopfbruch stark verändert, kann eine Schulterhemiprothese (Prothesenschaft mit aufsteckbarem Kopf) bzw. bei zusätzlicher Arthrose der Gelenkpfanne eine Schultertotalendoprothese (Prothesenschaft mit aufsteckbarem Kopf und künstlichem Gelenkpfannenersatz) implantiert werden.
Anatomische Schultergelenksprothese mit Schaft und künstlichem Gelenkpfannenersatz.
Inverse Schulterprothese
Bei ausgedehnten Defekten der Rotatorenmanschette besteht die Indikation zur Implantation einer inversen Schultergelenksendoprothese, bei welcher auf Grund der Komponentenkonfiguration eine Abstützung des Oberarmschaftes gegen die Pfanne auch ohne Rotatorenmanschette gewährleistet ist, da mit dieser Prothese das anatomische Verhältnis zwischen Schulterblatt und Oberarmkomponente umgekehrt wird. Das Drehzentrum wird zur Körpermitte und nach unten verlagert, um den Hebelarm des Muskulus deltoideus (Delta Muskel) zu verlängern. Durch diese Technik wird es dem Patienten ermöglicht mit Hilfe eines einzigen Muskels (Delta Muskel), bei nicht mehr rekonstruierbarer Rotatorenmanschette, den Arm wieder hochzuheben.